Einwurf: Liebe Fans, wo seid ihr?
Nur 280 Zuschauer wollten sich am vergangenen Samstagnachmittag das spannende Handball-Duell der Tabellennachbarn in der Regionalliga Mitteldeutschland zwischen dem auf dem dritten Rang stehenden Gastgeber HC Einheit Plauen sowie dem viertplatzierten HV Rot-Weiß Staßfurt anschauen. Ein kommentierender Aufruf von Florian Wißgott an die rot-weißen Fans.
Nachdem die Füchse 2013 die Meisterschaft in der damaligen Sachsenliga gefeiert und den erstmaligen Aufstieg in die Mitteldeutsche Oberliga geschafft hatten, herrschte in Plauen eine spürbare Handballeuphorie. Da auch die Fußballer des VFC Plauen in einer tiefen wirtschaftlichen und sportlichen Krise steckten, die am 1. Dezember 2014 mit dem Antrag auf Insolvenzverwaltung beim Amtsgericht Chemnitz sowie dem Zwangsabstieg in die fünftklassige Oberliga Süd gipfelte, verschob sich das Interesse der sportbegeisterten Spitzenstädter zum kleinen, harzigen Leder. Und da sich der mittlerweile als „Plauens Nummer 1“ nennende SV 04 Oberlosa damals noch als Neuling in der Sachsenliga befand sowie von 2004 bis 2009 in der damaligen Bezirksliga (siebte Liga) spielte, war das handballerische Aushängeschild seit mehr als einem Jahrzehnt die Einheit. Das spiegelte sich auch in der Zuschauerrangliste der Mitteldeutschen Oberliga wider, in der die Füchse auf dem ersten Platz standen: Insgesamt 8785 Besucher sahen offiziell die Heimspiele der Plauener, was einen Schnitt von 676 Fans pro Partie ausmachte und mit dem damaligen Rekord von 927 Handballbegeisterten zur letzten Begegnung gegen den bereits feststehenden Absteiger LSV Ziegelheim. Dieser Rekord wurde dann in der kommenden Saison mit dem Gewinn der Vize-Meisterschaft unter Trainer Sven Liesegang sogar noch zweimal gebrochen: Gegen die HSG Freiberg kamen mit 1.027 Zuschauer erstmals mehr als 1.000 Fans in die Einheit-Arena und gegen den damaligen Tabellenführer HC Glauchau/Meerane sahen sogar 1.087 Handballbegeisterte zu. „Im Durchschnitt hatten wir zu unseren Spielen 728 Besucher - das ist Vereins- und sogar Ligarekord“, erinnert sich der damalige Hallensprecher Matthias Senf an insgesamt 9.470 zahlende Zuschauer: „Und das nicht nur in der Mitteldeutschen Oberliga sondern auch im Vergleich zur dritten Liga“. Der bisherige Höhepunkt kam dann am 13. Februar 2016, als zum erstmaligen Stadtderby in der Mitteldeutschen Oberliga gegen den SV 04 Oberlosa 1.200 Fans in die Einheit-Arena strömten und wahrscheinlich so einen Rekord für die Ewigkeit aufstellten. Denn die Zeiten einer vollen Halle scheinen leider vorbei zu sein und das, obwohl die Rot-Weißen erst in der vorletzten Saison alle 27 Spiele in der Sachsenliga sowie im Sachsenpokal unter Trainer Jan Richter sowie Co-Trainer Heiko Schuster gewonnen hatten - übrigens auch ein bisher unerreichter Rekord. Auch in der vergangenen Spielzeit knüpften die Plauener an diese starke Serie an, legten mit 30:26 Punkten in 28 Partien und dem neunten Platz die zweiterfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte aufs Parkett. Und auch in dieser Spielzeit sind die Spitzenstädter unter dem neuen Trainer Mario Schuldes sowie Co-Trainer Josef Pour mehr als erfolgreich - und standen nach dem erstmaligen Sieg in Pirna vor dem letzten Heimspiel gegen Staßfurt auf dem dritten Tabellenplatz. Doch was seit über zwei Jahren fehlt, ist die Anerkennung der rot-weißen Fans, die mit ihrem Kommen in die Einheit-Arena diese sportlichen Erfolge würdigen und vor allem in solch schwierigen Begegnungen wie gegen Staßfurt als siebter Mann dafür sorgen, dass die Vogtländer eben nicht denkbar knapp mit 32:33 verlieren. Ja, die Schwarz-Gelben gingen am selben Tag ebenfalls zu Hause in der Kurt-Helbig-Halle auf Punktejagd, spielen eine Liga höher und ja, Erfolg macht sexy. Und ja, der VFC Plauen spielt seit zehn Jahren wieder in der Regionalliga und erfreut das so geschundene vogtländische Fußballherz. Aber: Der VFC gastierte bereits am frühen Nachmittag beim Chemnitzer FC und die Nullvierer hatten die letzten fünf Partien in der dritten Liga in Folge verloren, kassierten auch auf heimischem Parkett teilweise haushohe Niederlagen. Und: Die Begegnung wurde erst weit nach Abpfiff in der Einheit-Arena angepfiffen, es bestand also für den äußerst interessierten Handballbegeisterten die Möglichkeit, von der einen Halle in die andere innerhalb Plauens zu fahren, ohne auch nur eine Sekunde der beiden Aufeinandertreffen zu verpassen. Und: Mit den Oberlosaern spielten zeitgleich die auch bei den sportbegeisterten Spitzenstädtern sehr beliebten Wasserballer des SVV Plauen in der Gruppe B der Bundesliga, dennoch waren in der Kurt-Helbig-Halle 542 Zuschauer und das Stadtbad verwandelte sich wieder in einen stimmungsvollen Hexenkessel. Bleibt die Frage, wieso die Fans das erfolgreiche Arbeiten aller Beteiligten bei den Fußballern des VFC Plauen, Wasserballern des SVV Plauen und Handballern des SV 04 Oberlosa mit ihrer Unterstützung anerkennen, aber beim HC Einheit Plauen nicht? Fest steht, dass die rot-weißen Fans nicht wissen, wann ihre Füchse auf dem heimischen Parkett um Punkte spielen, kann verneint werden, denn es gibt nicht nur ausführliche Spielberichte, sondern auch Vorschauen auf den kommenden Gegner auf der Internetseite sowie werden selbstverständlich auch die sozialen Medien wie Facebook und Instagram nahezu täglich bespielt - und einen eigenen WhatsApp-Kanal mit allen wichtigen Informationen für alle Vereinsmitgliedern gibt’s auch. Dass in der Sommerpause den Handballinteressierten ein sogenanntes Höhepunktspiel gefehlt hat, kann auch verneint werden, denn mit der Partie im Sachsen-Cup zwischen dem Zweitliga-Absteiger EHV Aue und dem ambitionierten Bundesligisten SC DHfK Leipzig wurde den Freunden des kleinen, harzigen Leders beste Unterhaltung geboten, die eigentlich Lust auf mehr machen sollte. Und dass der Eintritt in die Einheit-Arena mit sieben Euro zu kostspielig ist, kann ebenfalls verneint werden, denn die Zuschauer werden in anderen Hallen der Regionalliga Mitteldeutschland mit teureren Tickets zur Kasse gebeten sowie müssen die sportbegeisterten Spitzenstädter auch im Stadtbad mit acht Euro sowie in der Kurt-Helbig-Halle mit sogar zwölf Euro deutlich tiefer in die Tasche greifen. Übrigens: Sportlicher Erfolg beruht nicht nur auf klugen Entscheidungen der Verantwortlichen bei der Kaderplanung, des Trainers bei der Gegneranalyse und der Spieler bei ihrem Agieren, sondern auch auf einer stabilen finanziellen Grundlage. Um diese Basis stellen zu können, braucht es nicht nur die zahlreichen Sponsoren, sondern auch die Zuschauer in der Halle, die mit ihrem Eintritt auch einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Kaders beitragen. Bedeutet: Je mehr Besucher in die Einheit-Arena kommen, desto höher ist der Saisonetat und desto bessere Spieler können verpflichtet oder auch sich stark entwickelnde Akteure gehalten werden - und umso erfolgreicher wird der HC Einheit Plauen sein. „Es war ein sehr schnelles Spiel und für die Zuschauer war mit einer roten Karte, schönen Toren sowie einem Kempa-Trick alles dabei“, möchte Trainer Mario Schuldes auch mit attraktivem Handball wieder mehr Fans begeistern: „Es war spannend bis zum letzten Angriff, die Jungs kämpften mit voller Leidenschaft und wir wollen natürlich nach zwei Heimniederlagen die nächste Partie gegen Köthen unbedingt gewinnen.“ Also liebe Fans: Unterstützt eure Spieler, macht die Einheit-Arena wieder zu einer rot-weißen Festung und seid auf den Rängen der siebte Mann!
Euer Florian Wißgott
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